Vorhang auf für ein neues Leben
Al-Gubri (links) und Rawan proben für ihr Stück. Mohsen Rabie (rechts unten) hat es geschrieben STEINTHALER (2)
Vorhang auf für ein neues Leben
Einer wurde verfolgt, weil er homosexuell ist, der andere, weil er Musik macht: Zwei Asylwerber verarbeiten das Erlebte in einem Theaterstück.
THOMAS MACHER
Die Messerstiche sind zu Narben geworden, die sich über Saleh Rawans Brust und Schulter ziehen. Offene Wunden waren es, als der 21-Jährige aus Syrien geflohen ist. Heute sitzt Rawan im Klagenfurter Lokal Raj; die Erinnerung schmerzt. Es war sein Bruder, der das Messer geführt hat. „Er wollte ihn umbringen, weil Saleh homosexuell ist. Aber seine Schwester hat ihm geholfen, zu fliehen“, sagt der Ägypter Mohsen Rabie, der für Rawan übersetzt.
Neben Rawan und Rabie zupft Abbas Al-Gubri auf seiner Gitarre. Im Irak war der 29-Jährige ein Musikproduzent. Dann wurde sein Freund und Arbeitskollege ermordet, sagt Al-Gubri auf Englisch: „Er wurde wegen unserer Arbeit getötet. Auch zu mir haben sie gesagt, ich sei ungläubig, weil ich Musikvideos mache. Dabei bin ich Moslem.“ Al-Gubri floh aus seiner Heimat. Über die Türkei kam er nach Österreich und blieb in Klagenfurt. „Ich habe ihn in einem Café kenngelernt. Wir haben über Musik und Lyrik gesprochen. Da kam uns die Idee zu dem Theaterstück“, erzählt Mohsen Rabie. Der 58-jährige Ägypter lebt seit fast 30 Jahren in Klagenfurt. Früher inszenierte er hier Theaterstücke: „Es ist lange her, seit meinem letzten Stück. Aber als ich Abbas’ Geschichte gehört habe, wollte ich wieder eines machen“, sagt Rabie. Seit Wochen treffen sich die drei nun im Veranstaltungssaal des Rajs und proben: Rawan tanzt, Al-Gubri spielt dazu Gitarre und Rabie feilt an Text und Bühnenbild. „Asyl aus Liebe zum Leben“ heißt das Stück. Es erzählt von Al-Guris Flucht aus dem Irak.
Morgen hat es um 20 Uhr im Raj Premiere. „Wir möchten zeigen, dass Asylwerber nicht auf Sozialleistungen aus sind, sondern flüchten, weil sie leben wollen“, sagt Rabie. Mit dem Stück wollen Rawan und Al-Gubri mit ihrer Flucht abschließen und ein neues Leben beginnen. „Ich lerne jetzt Deutsch. Einen Satz kann ich schon gut: Ich hasse den Krieg, ich liebe das Leben in Klagenfurt“, sagt Al-Gubri.