Die dunklen Gassen von Klagenfurt
Oberflächlich unterscheidet sich die Klagenfurter Altstadt nicht unbedingt von anderen Altstädten in Österreich, sagte Kärnten-Guide Maria Hartlieb: „Interessanterweise findet man ja in allen Altstädten die gleichen Straßennamen. Judengasse, Badgasse, Bäckergasse. Dies lässt sich jedoch leicht erklären, denn man brauchte ja überall Handwerker, etwas zu essen, die Juden, wenn man knapp bei Kasse war und natürlich auch die Kirche, wenn man sich in der Badgasse zu sehr vergnügt hat.“
„Wasner“ erschlugen streunende Hunde
Bei genauerem Hinsehen findet man sie dann doch – die Unterschiede und dunklen Ecken der Stadt. Hier lebten vor Jahrhunderten Gauner, Zuhälter und sogenannte „unehrliche Menschen“ wie die „Wasner“. „Diese Wasner hatten die Aufgabe, die ganze Nacht lang durch die Straßen der Stadt zu ziehen und alle streunenden Tiere, vor allem Hunde, zu erschlagen und auszuweiden. Die Knochen wurden dem Seifensieder und die Haut dem Lederer gegeben. Der nicht zu verwertenden Rest wurde vergraben. Das Wort „Wasen“ kommt vom Wortstamm verwesen.
Nachdem die hygienischen Zustände von damals alles andere als gut waren, waren die Wasner auch so gefürchtet. „Sie hätten ja die damals so gefürchtete Krankheit – den Milzbrand – übertragen können.“
ORF/Christopher Tiefnig
Die Sprache des „Gesindels“
Auch die Adlergasse war eine der dunklen Gassen: „Dort hat das ‚Gesindel‘ gelebt, dieser Begriff stammt nicht von mir, sondern von den Ratsprotokollen. Diese unehrlichen Personen haben Einbrüche begangen, gestohlen und haben eine Sprache gesprochen, die ebenfalls im Mittelalter entstanden ist – die Schleifer Sprache, Kochemer Sprache, Jenische Sprache oder das Rotwelsche.“
ORF/Christopher Tiefnig
Wörter wie „Schmiere stehen“ werden auch heute noch verwendet. „Dieser Begriff kommt aus dem jüdischen oder hebräischen Wort ‚Schmerer‘, was so viel heißt wie ‚Wache‘ – also Wache stehen“, sagt der Kärnten-Guide.
Versteckte Unterhaltung durch geheime Zeichen
Zünfte, also Berufsgruppen, arbeiteten mit geheimen Zeichen. „Sie wollten ihr Wissen nur gewissen Leuten weitergeben. Wenn ein Handwerker in eine andere Stadt gekommen ist, hat er sich mithilfe eines geheimen Zeichens bemerkbar gemacht und so wussten die Zünfte, wer zu ihnen gehört.“
Aber auch die „Unehrlichen“ bedienten sich der geheimen Zeichen. „Diese mussten natürlich wissen, wo man stehlen, betteln oder schlafen konnte. Um sich zu verständigen, haben sie geheime Zeichen auf Bäumen und Türen hinterlassen“, so Hartlieb. Nachdem die Stadt seither mehrmals abgebrannt ist, sieht man von diesen Zeichen jedoch schon lange nichts mehr.
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Was aus dem 16. Jahrhundert blieb
Sehen kann man diese Zeichen in etwas anderer Form jedoch noch am Gurker Dom, wie Maria Hartlieb erklärt: „Auf der Fassade sind über 60 Steinmetz-Zeichen zu sehen. Damals hatte jeder Steinmetz sein eigenes Zeichen, das für ihn wie eine Visitenkarte war.“
Beim Vergleich zwischen heutigen Tageszeitungen und den damaligen Ratsprotokollen aus dem 16. Jahrhundert, lassen sich auch Gemeinsamkeiten erkennen. „Was die Vergehen wie Diebstähle betrifft, stehen heute noch die selben Nachrichten in der Zeitung wie damals“, so Hartlieb.