ROBERT-MUSIL-LITERATUR-MUSEUM
„Hirnseide der Mondsucht – vom Kopf zur Hand“
Ein Projekt von Reimo Wukounig
Eröffnung: Mittwoch, 25. Mai 2005, 19.30 Uhr
Dauer des Projekts: 26. Mai bis 30. Juli 2005
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 10,00 bis 17,00 Uhr, Samstag: 10,00 bis 14,00 Uhr, sonn- und feiertags geschlossen.
Veranstalter : Robert-Musil-Literatur-Museum [Kulturabteilung der Stadt Klagenfurt]
„Hirnseide der Mondsucht – vom Kopf zur Hand“ – Ein Projekt von Reimo Wukounig
Mit einem Textbeitrag von Julian Schutting
„Das Zeichnen ist für mich die unmittelbarste, wesentlichste und persönlichste Ausdrucksform – Sprache“. So charakterisiert der Künstler Reimo Wukounig selber eine markante Querverbindung zwischen den Zeichnungen aus seinem Zyklus „Vom Kopf zur Hand“ und dem Feld der Literatur: „Der Zeichner unerlöst als lyrisch verzopfter Idiot, wie wunderbar?“, sagt der Künstler.
Reimo Wukounig zeigt im Robert-Musil-Literatur-Museum erstmals – ausschließlich in der Nacht entstandene – Zeichnungen aus diesem Zyklus, welcher der Tradition des österreichischen Expressionismus verbunden ist. Das Projekt umfasst weiters auch zwanzig von Wukounigs großformatigen Kopf-Glocken-Darstellungen. Der Schriftsteller Julian Schutting wird sich den Arbeiten von Reimo Wukounig literarisch annähern. „Was den Spiritisten das Medium“, so Schutting, „das ist ihm die Hand – dem Nachtseitigen in uns allen sucht er sich wie in dem von ihm als eine Quelle der Inspiration gepriesenen DÜNNEN SCHLAF aufzutun“.
Einige Zeichnungen aus dem Zyklus „Vom Kopf zur Hand“ wurden – gemeinsam mit einem Text von Julian Schutting – kürzlich auch in der österreichischen Kunstzeitschrift PARNASS veröffentlicht, vgl. http://www.parnass.at/heft1_05/inhalt.htm
Das Projekt ist auch als Hommage an die Dichterin Christine Lavant, deren 90. Geburtstag am 4. Juli dieses Jahres begangen wird, zu verstehen. Durch einen Lehrer, der ihn mit einem Gedichtband deutscher Lyrik versorgte, ist Reimo Wukounig, „früh auf die Lavant-Spur“ gekommen. Schnell habe er gemerkt, dass diese Art von Sprache, wie sie in den lyrischen Äußerungen von Christine Lavant zu finden ist – gleichsam als ANGRIFF DER STILLE AUF DEN LÄRM – für ihn als Künstler „tägliche, überlebenswichtige Nahrung“ darstellt.
Die enge Beziehung Reimo Wukounigs zur Literatur steht aber wohl auch in Zusammenhang mit dem Einfluss des Frühwerks von Oskar Kokoschka auf die Arbeiten von Wukounig. Kokoschka wiederum berichtet, dass er sein Gemälde „Die Windsbraut“ gleichsam mit dem Dichter Georg Trakl „zusammen gemalt“ habe: „Damals aber, als ich an der ‚Windsbraut‘ malte, war Trakl täglich um mich. Ich hatte ein höchst primitives Atelier, und er saß stumm hinter mir auf einem Bierfaß. Manchmal redete er dann mit einer dröhnenden Stimme, ohne aufzuhören. Dann schwieg er wieder für Stunden. Wir waren damals zwei Abtrünnige des bürgerlichen Lebens. (…) Übrigens hat er `Die Windsbraut´ in einer seiner Dichtungen wörtlich angeführt.“ (Otto Basil: Trakl. Reinbek: Rowohlt Monographie, 1965, S. 105 f.).
Kurzbiographien
Reimo WUKOUNIG
geb. 1943 in Klagenfurt, lebt in Wien. Reimo Wukounig besucht von 1958-1962 die Kunstschule in Graz und studiert anschließend bei Sergius Pauser an der Wiener Akademie der bildenden Künste.
Zunächst wird Wukounig als Zeichner und Maler bekannt. Daneben umfaßt sein Werk Objekte und Installationen, die als räumlich gewordene Malerei zu sehen sind. 1969 stellt Wukounig zum ersten Mal in der Wiener Secession aus.
Eines seiner Hauptthemen ist die Verletzung und der Schmerz, die er in veristischen Zeichnungen wie „Portrait einer Verletzten“ oder „Bandagierte Büste“ verarbeitet. Neben den Ölbildern zur Arzt-Patient Thematik der siebziger Jahre entsteht unter dem Titel „Einatmen – Ausatmen“ ab 1974 der gezeichnete Zyklus geschundener Zöglinge, die nicht nur Symbol für den verängstigten, seelisch bedrohten Menschen sind, sondern sich auch mit der Darstellung des Körperlichen beschäftigen. Gleichzeitig bilden sie auch wie spätere Installationen einen Schwerpunkt in Wukounigs künstlerischem Schaffen, der in der Aufarbeitung der persönlichen Erinnerungen, vor allem Dingen an seine Jugend, liegt.
1976 ist er österreichischer Vertreter bei der Biennale von Venedig. Ausstellungen wie in der graphischen Sammlung Albertina in Wien folgen. „Zeit der Trauer“ ist 1983 der Titel einer Ausstellung in der Wiener Secession, 1984 im Kunstverein für Kärnten in Klagenfurt. In Assoziationsketten werden Objekte wie alte Bügelbretter an den Wänden befestigt oder in Kreuzformen eingepasst. Wukounig nennt sie „Melancholische Ikonen“. Andere Installationen reflektieren kunstgeschichtliche Werke, die Wukounig mit Schwermut verbindet. Emotionale Gehalte der Bildwelten Böcklins oder das Projekt Delvaux sollen in räumliche Situationen transportiert werden.
Seine prägnanteste Ausdrucksweise entwickelt Wukounig in den späten achtziger Jahren in einer geometrisch reduzierten, graphischen Formensprache. Zentrale Motive sind das Kreuz und der menschliche Kopf. Der Kopf wird vom Körper isoliert, seine Form sukzessive bis zu einem Oval reduziert. Die sparsame Farbgebung, die der graphischen Gestaltung untergeordnet ist, erwirkt den typischen ruhigen und ikonenhaften Charakter. 1997 ist Wukounig bei der Ausstellung „Drei Wege zum See“, deren Thema die Erinnerung ist, im Klagenfurter Künstlerhaus vertreten.
Julian SCHUTTING
geb. 1937 in Amstetten / NÖ, lebt als freier Schriftsteller in Wien. Ausbildung in Fotografie an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt und Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Wien. Promotion mit einer Arbeit über ein rechtshistorisches Thema. Ab 1965 Lehrer an einer Höheren technischen Lehranstalt in Wien. Seit den frühen 70er Jahren Prosa- und Lyrikveröffentlichungen, seit 1973 Mitglied der Grazer Autorenversammlung. Freiberuflicher Schriftsteller in Wien.
Er veröffentlichte zuletzt u. a.: „Flugblätter“ (1990); „Der Winter im Anzug. Sprachspaltereien“ (1993); „Gralslicht“ (1994); „Katzentage“ (1995); „Das Eisherz sprengen“ (1996); „Der Tod meiner Mutter“ (1997); „Aufstörung“ (1998); „Jahrhundertnarben. Über das Nachleben ungewollter Bilder“ (1999); „Dem Erinnern entrissen” (2001); „Was schön ist“ (2002); „Gezählte Tage“ (2002); „Nachtseitiges“ (2004); „Tanzende“ (2005).
Preise und Auszeichnungen (u.a.)
Würdigungspreis zum Österreichischen Staatspreis, 1981
Anton Wildgans-Preis der österreichischen Industrie, 1983
Würdigungspreis des Landes Niederösterreich für Literatur, 1988
Kulturpreis der Stadt Wien, 1988
Georg-Trakl-Preis für Lyrik, 1989
Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (in Gold),1997
Rückfragen an:
Dr. Heimo Strempfl
Robert-Musil-Literatur-Museum
der Landeshauptstadt Klagenfurt / Abteilung Kultur
Bahnhofstrasse 50
A-9020 Klagenfurt
E-mail: klagenfurt@musilmuseum.at
Tel.: +43-463-501429
FAX: +43-463-501429-1