Heureka

„Wenn Tsipras nicht als Symbolfigur eines Albtraums in die Geschichte eingehen will, muss er die Sümpfe im eigenen Land trockenlegen.“

Die Griechen haben ihn gefunden: einen Weg aus dem Marktdiktat der Troika. In der Vergangenheit hat der europäische Rettungsschirm bereits 240 Milliarden Euro freigegeben. Die Krux dabei ist, dass von diesem Geld die Bevölkerung in Griechenland nichts gesehen hat. In Wirklichkeit fand lediglich ein Gläubigertausch statt. Die französischen und deutschen Banken wurden gerettet, und das Ausfallsrisiko trägt jetzt der europäische Steuerzahler.

Im Auftrag der EU haben die EZB, der IWF und die Kommission Griechenland ein Sparprogramm verordnet. Das hat dazu geführt, dass die Wirtschaftsleistung seit 2012 über 20 Prozent gesunken ist und die Arbeitslosenrate mehr als 25 Prozent beträgt. Die logische Folge der neoliberalen Finanzpolitik, die Sozialleistungen und Mindestlöhne kürzt und als Allheilmittel Privatisierungen verlangt.

Der Sieg der Linken rund um Alexis Tsipras führt nunmehr zu einem ökonomischen Paradigmenwechsel in Europa, und zwar unabhängig davon, ob dies den wahren Machthabern in der EU, nämlich den Konzernen, gefällt oder nicht. Er will das korrupte System der Altparteien beenden und wieder für soziale Gerechtigkeit sorgen. Dieses Programm ist in Europa mehrheitsfähig.

Wenn Alexis Tsipras nicht als Symbolfigur eines Albtraums in die Geschichte eingehen will, muss er zuerst im eigenen Land die Sümpfe trockenlegen. Dazu gehört eine Weißwaschstrategie, um jene zur Kassa zu bitten, die in der Vergangenheit ihr Geld in Steueroasen versteckt haben. Allein in den letzten Jahren wurden noch zig Milliarden Euro in das Ausland transferiert. Schätzungen zufolge haben die Griechen allein in der Schweiz mehr als 200 Milliarden Euro geparkt. Bei einem Großteil dieses Vermögens handelt es sich um Schwarzgeld. Wenn jetzt Alexis Tsipras ein Steueramnestieprogramm umsetzt und gleichzeitig die Strafen für Steuerhinterziehungen drakonisch erhöht (Haftstrafen inklusive), könnte er jene Mittel aufbringen, die er für die Finanzierung seiner Reformpolitik und für die Bedienung der Altlasten benötigt. Allein der Ankauf von Steuer-CDs kann – wie man aus dem Beispiel Deutschland weiß – Wunder bewirken.

Die EU sollte aus der Affäre Griechenland die Lehre ziehen, dass man allein mit einem Sparprogramm nichts gewinnen kann. Ohne staatliche Investitionen gibt es kein Wachstum. Daher muss man öffentliche Investitionen in den Bildungs-, Umwelt- und Infrastrukturbereich bei der Berechnung der Stabilitätskriterien nicht – wie bisher – als Ausgaben berücksichtigen, sondern als Wertschöpfung für die Zukunft.

Heureka heißt für die EU-Staaten eine wachstumsorientierte Haushaltspolitik und das Ende von Steuerdumping. So gesehen ist Griechenland eine Chance für Europa.

Johann Neuner ist Steuerberater in Klagenfurt

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