Egyd Gstättner – Leerflächenmanagement für die City
Leerflächenmanagement für die City
Egyd Gstättner über dien riskanten Beruf eines Klagenfurter Leerflächenmanagers
Es geht drunter und drüber in der Stadt, vor allem drunter geht es immer, eigentlich schon seit Jahrzehnten, seit ein Stadtmarketing samt Stadtmarketingstruktur erfunden wurde, wobei es wegen parteipolitischer Uneinigkeit in Stadtmarketingstrukturrahmenbedingungsfragen allerdings alle paar Jahre zu einer Stadtmarketingstrukturauflösung und Stadtmarketingstrukturneuausrichtung kommt, und zwar entweder mit, meistens aber ohne Stadtmarketingstrukturneuausrichtungskonzept, und über dieser Gesamtsituation baumeln kaputte Regenschirme und noch kaputtere Papageien. Diesem bedauerlichen Drunter und Drüber stehen seit Jahrzehnten Stadtbürger und Konsumenten ratlos gegenüber, und ein verzweifelter Geschäftsmensch nach dem anderen schreibt auf sein Schaufenster: „Wir schließen! Wir danken! Nachfolger gesucht! Wir eröffnen demnächst (d. h.: am Nimmerleinstag)!“ Jetzt reicht es sogar der Stadtmutter, die deklariert: „Stadtmarketing bedeutet auch Leerflächenmanagement.“ Merke: Kein professionelles Leerflächenmanagement ohne Leerflächenmanager: So wird endlich wieder ein Arbeitsplatz geschaffen! Allerdings ist der Beruf eines Leerflächenmanagers kompliziert und riskant, arbeitet er doch an seiner Selbstabschaffung. Im ureigensten persönlichen Interesse des Leerflächenmanagers muss die Erhaltung und Verwaltung der Leerflächen liegen: Leere muss Leere bleiben! Früher einmal sagte man statt „Leerflächenmanagement“ „Nihilismus“. Als Leerflächenmanagement wurde also eine Weltsicht bezeichnet, die die Möglichkeit jeglicher objektiven Seins-, Wert- und Gesellschaftsordnung verneinte. In der Ausschreibung für die offene Stelle des Leerflächenmanagers müssten im Anforderungsprofil also hervorragende philosophische Kenntnisse verlangt werden. Der neue City-Leerlaufmanager müsste nicht nur wissen, mit welchem Wort Schopenhauers Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“ endet („Nichts“), sondern auch, dass Nietzsche in „Jenseits von Gut und Böse“ das „Russische Nihilin“ propagierte, also einen Pessimismus, „der nicht bloß Nein sagt, Nein will, sondern […] Nein tut.“ Der City-Leerflächenmanager müsste der Stadtbevölkerung unter den kaputten Papageien erklären, was im Verlauf der Geistesgeschichte alles vereint wird: Ein Sinn des Lebens. Ein Sinn der Weltgeschichte. Die Existenz übernatürlicher Wesen, erkennbare Tatsachen, moralische Verbindlichkeit. Und eine Wiederbelebung der Klagenfurter Innenstadt.