Was vom Wald im Stadion geblieben ist | Ein Jahr nach dem Stadionwald

Datum: Mo, 07.09.2020
Quelle: Kleine Zeitung

https://www.kleinezeitung.at/kaernten/5863430/Ein-Jahr-nach-dem-Stadionwald_Nach-dem-Ende-von-For-Forest-blieben

New York Times, CNN, Guar­di­an, Spie­gel. In­ter­na­tio­na­le Ka­pa­zun­der be­rich­te­ten nicht zu knapp. In mehr als 80 Län­dern the­ma­ti­sier­ten Me­di­en das Pro­jekt. Leo­nar­do Di­Ca­prio mach­te auf Ins­ta­gram Wer­bung für „For Fo­rest“. Vor einem Jahr wurde der Wald im Kla­gen­fur­ter Wör­ther­see-Sta­di­on er­öff­net, in sie­ben Wo­chen wur­den laut An­ga­ben der In­itia­to­ren 200.237 Be­su­cher ge­zählt. „Schwach­sinn“, „Geld­ver­schwen­dung“, „ein Sta­di­on ist für Fuß­ball da“, unk­ten die einen. „Ein fas­zi­nie­ren­der An­blick“, „ein Pro­jekt mit in­ter­na­tio­na­ler Strahl­kraft“, „passt per­fekt zur Dis­kus­si­on um den Kli­ma­wan­del“, ur­teil­ten die an­de­ren. Das sur­rea­le Bild der 299 Bäume im Sta­di­on ging tat­säch­lich um die Welt.

Nach­hal­tig pro­fi­tiert Kla­gen­furt je­doch nicht davon. „Die Leute wer­den nicht vor­bei­ge­hen und dar­über reden oder sich är­gern, nicht ein­mal das Mi­ni­mum an Dis­kurs wird es geben. In einem Jahr redet nie­mand mehr über ,For Fo­rest‘, pro­phe­zei­te die Kul­tur­schaf­fen­de An­ge­li­ka Hödl, eine der pro­non­cier­tes­ten Kri­ti­ke­rin­nen des Pro­jek­tes schon im Vor­jahr. Sie soll­te Recht be­hal­ten. Nicht nur, weil auf der Web­sei­te von vis​itkl​agen​furt.​at keine Spur mehr von „For Fo­rest“ ist.

Das Ver­spre­chen, die Bäume zur Gänze als „Wald­skulp­tur“ in Kla­gen­furt zu er­hal­ten, blieb un­er­füllt. In­itia­tor Klaus Litt­mann und sein Ge­schäfts­part­ner Her­bert Wald­ner (Rie­der­gar­ten Im­mo­bi­li­en) zer­war­fen sich noch vor Pro­jekt­be­ginn und tra­fen sich spä­ter sogar vor Ge­richt. Wald­ner, Ei­gen­tü­mer der Bäume, konn­te sich mit der Stadt Kla­gen­furt nicht auf ein Grund­stück für ein „Cam­pus-Pro­jekt“ in­klu­si­ve Wald ei­ni­gen. So wurde der Groß­teil der Bäume in eine Gärt­ne­rei nach Tulln ge­bracht. Man ar­bei­te in­ten­siv an der Ent­wick­lung des „For Fo­rest Vil­la­ge Nie­der­ös­ter­reich“, heißt es.

Wald­ner fühlt sich schlecht be­han­delt und ne­ga­tiv be­wer­tet. „Dabei wäre das ohne mich nicht rea­li­siert wor­den“, be­tont der um­trie­bi­ge Im­mo­bi­li­en­un­ter­neh­mer. Fast fünf Mil­lio­nen Euro flos­sen letzt­lich in das Pro­jekt. Litt­mann hatte die Kos­ten bei der Erst­prä­sen­ta­ti­on 2017 noch mit 1,5 Mil­lio­nen ta­xiert. „Etwas Ver­gleich­ba­res wird es in Kärn­ten so bald nicht mehr geben“, sagt Wald­ner. „Na­tür­lich tut es mir leid, dass wir un­se­re wei­te­ren Ideen nicht in Kärn­ten ver­wirk­li­chen konn­ten, aber viel­leicht war die Zeit noch nicht reif.“ Mit der In­itia­ti­ve „For Fo­rest – The Voice for Trees“ werde die Idee wei­ter­ge­tra­gen. So un­ter­stüt­ze man die Aus­tri­an World Sum­mit am 17. Sep­tem­ber in Wien.

„Meine ur­sprüng­li­chen Pläne zur Nach­nut­zung sind be­kannt“, sagt Litt­mann dazu. „Ob die Stadt Kla­gen­furt aus ei­ge­ner In­itia­ti­ve zur Er­in­ne­rung etwas bei­trägt, ist mir nicht be­kannt.“ Er sei froh, dass es ge­lun­gen sei, „For Fo­rest“ zu rea­li­sie­ren. „Ich freue mich, dass das In­ter­es­se auch ein Jahr da­nach immer noch groß ist und dar­über in­ter­na­tio­nal be­rich­tet wird“, sagt Litt­mann zur Klei­nen Zei­tung. Im Früh­jahr 2021 wird er in sei­ner Hei­mat­stadt Basel ein „Kunst- und Aus­stel­lungs­pro­jekt“ um­set­zen, „das die tem­po­rä­re Kunst­in­ter­ven­ti­on im Wör­ther­see-Sta­di­on als Aus­gangs­punkt nimmt und mit Künst­ler-Stel­lung­nah­men und Ak­tio­nen er­wei­tert“ werde.

Ein Teil der Bäume ist noch in Kla­gen­furt: Knapp 100 wach­sen nahe des Lake­si­de Parks kaum be­ach­tet vor sich hin. Sehr un­wahr­schein­lich, dass sich je­mals ein Tou­rist dort­hin ver­irrt. Dass der Wald nicht er­hal­ten blieb, be­zeich­net Bür­ger­meis­te­rin Ma­ria-Lui­se Ma­thia­schitz (SPÖ) als „Wer­muts­trop­fen“. Aber: „Der Ei­gen­tü­mer ent­schei­det.“ Man habe „meh­re­re Grund­stü­cke an­ge­bo­ten“, konn­te aber die ge­for­der­te Be­bau­ungs­dich­te nicht er­mög­li­chen. Trotz­dem blickt sie „stolz“ auf „For Fo­rest“ zu­rück. „Es ist ge­lun­gen, Kla­gen­furt in­ter­na­tio­nal sicht­bar zu ma­chen. Noch nie waren im Sep­tem­ber so viele Leute hier“, sagt Ma­thia­schitz und be­tont er­neut, dass „kein Steu­er­geld in das Pro­jekt ge­flos­sen“ sei. 45.000 Euro hatte Litt­mann als Ku­ra­tor be­glei­ten­der Aus­stel­lun­gen er­hal­ten. Das Sta­di­on kos­ten­los zur Ver­fü­gung zu stel­len, sei je­den­falls rich­tig ge­we­sen, so die Bür­ger­meis­te­rin. Mehr als 350.000 Euro wur­den durch „For Fo­rest“ lu­kriert, be­stä­tigt Gert Un­ter­k­öf­ler, Ge­schäfts­füh­rer der Sport­park Kla­gen­furt GmbH.

Vi­ze­bür­ger­meis­ter Wolf­gang Germ (FPÖ) sieht hin­ge­gen noch viel Auf­klä­rungs­be­darf: „Ich hoffe, dass der ein­stim­mig be­auf­trag­te Kon­troll­amts­be­richt end­lich Trans­pa­renz bringt.“ Von Nach­hal­tig­keit könne keine Rede sein. „Vor einem Jahr hat man das Rat­haus mit ,For Fo­rest‘ zu­ge­pflas­tert. Jetzt ist nicht ein­mal mehr im Büro der Bür­ger­meis­te­rin ein Bild davon“, sagt Germ. „Und die Bäume tüm­peln trau­rig vor sich hin.“

Geblie­ben ist die „Villa For Fo­rest“ am Vikt­rin­ger Ring. „Die stellt uns Her­bert Wald­ner nach wie vor kos­ten­los zur Ver­fü­gung und lässt uns bei der Pro­gramm­ge­stal­tung völ­lig freie Hand“, sagt Rai­mund Spöck, Ob­mann des Ver­eins In­nen­hof­kul­tur. „Aber dass es den Wald aus dem Sta­di­on nicht als Denk­mal gibt, tut mir wahn­sin­nig leid.“ Trotz aller Que­re­len soll­te man zu­min­dest eine Skulp­tur im öf­fent­li­chen Raum schaf­fen, die an das Pro­jekt er­in­nert, sagt Spöck. „Wenn Stadt, Land, Litt­mann und Wald­ner frik­ti­ons­los zu­sam­men­ge­ar­bei­tet hät­ten, wäre das die to­ta­le Ra­ke­te ge­wor­den“, ist Spöck über­zeugt. „Jetzt ist kein Wald mehr da. Und es ist die schlech­te Nach­re­de da.“

Kulturpresse

Mi, 22.12.2021, Kleine Zeitung-MeinTag

Ein erfrischender Sound in der Villa

„Data Flow“, so nennt sich das neue 2021 er­schie­ne­ne Album der Band „delta con­cept“. Die un­fass­ba­re Menge an Daten und die zu­neh­men­de Di­gi­ta­li­sie­rung un­se­rer Welt sind kom­pro­miss­los in Kom­po­si­ti­on und Per­for­mance der Musik ein­ge­ar­bei­tet. Im Band­sound pral­len dicht­ge­-wo­be­ne Syn­the­si­zer­flä­chen auf ga­lak­tisch ent­frem­de­te Gi­tar­ren­klän­ge um­ge­ben von elek­tro­nisch an­mu­ten­den Groo­ves. Ein­tritt frei.