Mario Rom's Interzone: Tu, was du willst, und kling gut dabei

Datum: Mi, 25.02.2015
Quelle: Der Standard

http://derstandard.at/2000012160313/Mario-Roms-Interzone-Tu-was-du-willst-und-kling-gut

Mario Rom’s Interzone: Tu, was du willst, und kling gut dabei
STEFAN ENDER – 25. Februar 2015, 17:11

Die Jazzformation präsentiert dieser Tage ihr zweites Album „Everything Is Permitted“. Der Titel ist zugleich auch die Devise für das Musikmachen der drei Österreicher

Wien – Irgendwo in einem dunklen Hinterzimmer. Drei junge Männer im Anzug, mit Vollbärten und dahinter versteckten ernsten Mienen. Schwarzes Pulver wird mit Hochprozentigem vermengt. Auf ex. Das Bewusstsein begibt sich auf Fernreise. Die drei Männer auch. Auf der Spur des Schwarzen Tausendfüßlers geht es nach Mexiko, Texas, Louisiana. Die Orte wechseln, der Stoizismus bleibt. Wo zur Hölle soll dieser Trip nur hinführen?

Die drei Männer im Film heißen in echt Mario Rom, Lukas Kranzelbinder und Herbert Pirker. 2011 schlossen sich die drei Jazzmusiker zu einer neuen Formation zusammen: Mario Rom’s Interzone. Als Geburtshelfer für den Bandnamen fungierte William S. Burroughs‘ Roman Naked Lunch, genauer gesagt David Cronenbergs Verfilmung davon. Rom und Kranzelbinder zeigten sich „schockiert und inspiriert“ von dem Streifen und der surrealen Welt der „Interzone“, in der sich bizarre Kreaturen tummeln. Die Musik von Ornette Coleman fanden sie natürlich auch genial.

Große Begeisterung

Nothing Is True, ihr erstes Album, fand die Kritik gleich sehr, sehr gut. Die Zeit schlug Purzelbäume vor Begeisterung, bemerkte „getriebene Melodielinien, Anklänge an den Jazz der Sechziger, die Rhythmen der Karibik und Afrikas, Erinnerungen an pharmazeutisch angefeuerte Ausschweifungen“. 2014 spielte Mario Rom’s Interzone 26 Gigs in Europa, in Amerika, in Marokko, Israel und in Katar. Nun legen die fantastischen drei ihr zweites Album vor:Everything Is Permitted. Als Appetizer dazu werden im Internet filmische Episoden offeriert, gleich vier an der Zahl. Wie kam es zu dazu?

„Es hat sich so ergeben“, erklärt Kontrabassist Lukas Kranzelbinder in einem Wiener Innenstadtkaffeehaus. „Wir hatten ein Konzert in Mexiko letzten März und wussten auch schon, dass wir ein neues Album aufnehmen werden. Wir wollten diese besondere Location irgendwie nutzen.“ „Zuerst wollten wir nur Fotos machen“, erzählt Trompeter Mario Rom, „dann haben wir über ein Musikvideo nachgedacht. Dass es dann mehrere wurden, ist im Prozess entstanden.“ Die Kameramänner Martin Schiske und Severin Koller flogen mit nach Mexiko; beim Rückflug wurde in Texas ein Zwischenstopp eingelegt. Ein Abstecher zum Mardi Gras in New Orleans ging sich auch aus. So kam einiges Material zusammen.

Die Vorgehensweise bei diesem Projekt ähnle ihrer Art, Musik zu machen, meint Kranzelbinder: die Dinge fließen zu lassen, Überraschendes zuzulassen. „Da kann plötzlich aus einem Miniding eine riesige Eskalation entstehen.“ Und tatsächlich ist ein zentrales Merkmal der Nummern auf ihrem neuen Album denn auch die große stilistische Freiheit. Oft wird erst auf einem klassischen Jazzpfad entlanggetänzelt, dann büxt das Ganze aus dem Gehege der Konvention aus in den Urwald des Freien. Roms Trompetenstimme wirft das Joch des Zwölftonsystems ab und gebärdet sich animalisch, röchelt, röhrt, prustet wie ein Elefant in der freien Wildbahn, Pirkers Beat zerbröselt. Nach einer gewissen Zeit geht’s dann wieder zurück in die Zivilisation.

Motto der Band

„Der Name des Albums, Everything Is Permitted, ist ja eigentlich auch das Motto der Band“, so Mario Rom, Gemütsruhe und Herzenswärme in Personalunion. „Es ist wie in den Romanen von Burroughs: Es kann jederzeit überall hingehen.“ Ihre Idee bei der Gründung der Formation sei gewesen, komplett frei an die Dinge heranzugehen, meint der erzählfreudige Kranzelbinder. „Einerseits hatten wir Lust, konventionellen Jazz zu spielen. Aber es passieren uns immer wieder Abzweigungen in alle möglichen Richtungen: Balkan, Disco, Schlager, Polka, Bossa-nova-Eskalationen … Niemand von uns hat vor irgendeiner Stilrichtung Hemmungen!“

Neben einer stilistischen Hemmungslosigkeit müssen Rom, Kranzelbinder und Pirker für ihre Formation auch eine gute Kondition mitbringen: Das Trio Trompete, Kontrabass und Schlagzeug sei die physisch anstrengendste Besetzung von allen, erklärt Kranzelbinder. Man könne sich nie ausruhen. Gut, dass die drei noch jung sind: Der Kärntner Kranzelbinder und der Steirer Rom sind Mitte 20, dessen Landsmann Pirker ist nur eine Handvoll Jährchen älter. Aber der sei zum Glück einer der versiertesten Schlagzeuger überhaupt, lobpreisen Kranzelbinder und Rom den Kollegen im Chor. Alle drei komponieren, aber Pirkers Stücke schaffen es nie auf die CD, weil der Schlagzeuger gegenüber seinen eigenen Sachen zu skeptisch sei, so Kranzelbinder. „Aber in zehn Jahren machen wir ein Album nur mit Herbert-Pirker-Stücken.“ Jetzt gibt’s erst einmal ab 27. Februar Everything Is Permitted (als CD und auf Vinyl) und dann einige Konzerte in Österreich und viele im Rest der Welt. (Stefan Ender, DER STANDARD, 26.2.2015)

28. 2., Admont, 3. 3., Wien (Porgy & Bess), 10. 3., Klagenfurt, 11. 3., Linz, 12. 3., Schwaz

Link Mario Rom’s Interzone

Kulturpresse

Mi, 22.12.2021, Kleine Zeitung-MeinTag

Ein erfrischender Sound in der Villa

„Data Flow“, so nennt sich das neue 2021 er­schie­ne­ne Album der Band „delta con­cept“. Die un­fass­ba­re Menge an Daten und die zu­neh­men­de Di­gi­ta­li­sie­rung un­se­rer Welt sind kom­pro­miss­los in Kom­po­si­ti­on und Per­for­mance der Musik ein­ge­ar­bei­tet. Im Band­sound pral­len dicht­ge­-wo­be­ne Syn­the­si­zer­flä­chen auf ga­lak­tisch ent­frem­de­te Gi­tar­ren­klän­ge um­ge­ben von elek­tro­nisch an­mu­ten­den Groo­ves. Ein­tritt frei.